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Kunst Nachrichten
Zeitgenössische belgische Kunst in Duisburg Von Gerd Korinthenberg
Duisburg - Der Pilot in Fliegermontur,
der nicht fliegen kann, steht neben einer traurig gebeugten Gestalt unter
ärmlichen Decken. Der abstruse Nonsense-Flieger ist eine Skulptur
Panamarenkos (67), des Altstars belgischer Gegenwartskunst.
Die Skulptur an seiner Seite stammt
von der international gefeierten Newcomerin Berlinde De Bruyckere aus Gent.
Beide sind gleichsam «Schlüsselfiguren» zur Kunstszene
des Nachbarlandes, die das Duisburger Museum Küppersmühle vorstellt.
Der wohl seit vielen Jahren gründlichste
Überblick über aktuelle Tendenzen belgischer Kunst in einem deutschen
Museum ist unter dem programmatischen Titel «Der eigene Weg»
bis 8. Juni mit den Positionen von 16 Malern, Bildhauern, Objektemachern
oder Videokünstlern nur in der Ruhrgebietsstadt zu sehen.
Wer sich zur Kunstreise durch die
Museumssäle zum so nahen und doch so fernen Nachbarn aufmacht, muss
mit Überraschungen rechnen: Ein Zug von Melancholie und Morbidität,
«ketzerischer» Religiosität, spielerischer Sinnlosigkeit
und intelligent provoziertem Grauen liegt in der Luft. Belgiens Künstler
der Jetztzeit scheinen damit legitime Enkel des geheimnisvollen Malers
James Ensor (1860-1949) aus Ostende zu sein, der all dies in seinen genialen
Gemälden formuliert hat.
Panamarenkos natürlich nicht
funktionierende Flugmaschine «Eisvogel» (2003) schwebt wie
eine Riesenlibelle an der Hallendecke und nimmt Kurs auf Jan Fabres 9 Meter
mal 14 Meter große Leinwand «Blaue Stunde» (1987), die
zwar mit millionenfachem Kugelschreiberstrich tiefblau gefärbt, aber
doch kein lockender, grenzenloser Himmel ist.
Belgiens gefeierter Maler Luc Tuymans
gewinnt dem traditionsbelasteten Motiv der Kreuzigung Christi mit einer
neblig- verunklarten Golgatha-Szene ebenso neue Seiten ab wie Wim Delvoye.
Auch der «Installateur» aus Gentbrugge zwingt mit seinem abstrus
zerdehnten und verdrehten riesigen schwarzen Bronze-Kreuz «Jesus
Twisted» (2006) wieder zum genauen Blick auf das längst für
«verbraucht» gehaltene Glaubensbild.
Ann Veronica Janssens aus Brüssel
lädt in Duisburg zum Eintritt in einen total vernebelten Raum, in
dem eine scheibenartige Lichtprojektion sicheren Halt und Orientierung
vorgaukelt und Koen Vanmechelen präsentiert in Foto und Zeichnung
sein Hühner-Projekt, in dem er durch jahrelange Kreuzungen des Federviehs
den aktuellen Genetik-Wahn karikiert.
Der erst 26-jährige Matthieu
Ronsse schlägt als «Junior» der belgischen Künstlerriege
mit einer Collage aus museal präsentierten Alltagsgegenständen,
Bildern und seinem Schlagzeug eine Brücke zwischen Kunst und wirklichem
Leben.
www.museum-kueppersmuehle.de © 2008 dpa - Deutsche Presse-Agentur
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